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Angedacht |
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CVJM Annen |
August 2007 |
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Der Eimer |
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Ein Wasserträger in Indien hatte zwei große Eimer;
sie waren an den beiden Enden einer Stange befestigt, die der Mann quer über
die Schultern trug. Einer der beiden Eimer war geborsten. Während der
makellose Eimer nach dem langen Fußweg vom Fluss zum Haus seines Dienstherrn
immer ein volles Quantum Wasser ablieferte, kam der geborstene Einer jedes Mal
halb leer zu Hause an.
Zwei volle Jahre ging das so. Tag für Tag brachte der Wasserträger nur
eineinhalb Eimer Wasser mit nach Hause. Natürlich war der heile Eimer stolz
auf seine Leistungen - er erfüllte seinen Zweck perfekt. Der arme, geborstene
Eimer dagegen schämte sich wegen seiner Unvollkommenheit; er war unglücklich,
weil er nur die Hälfte dessen leisten konnte, wozu er gemacht war. Nach zwei
Jahren seines jämmerlichen Versagens fasste er sich eines Tages ein Herz und
sprach den Wasserträger am Fluss an. "Ich schäme mich fürchterlich", begann
er, "und möchte mich bei dir entschuldigen." "Wofür denn?", fragte der
Wasserträger." Warum schämst du dich?" "Ich kann meinen Inhalt nur zur Hälfte
abliefern. Durch einen Riss in meiner Seite tropft auf dem ganzen Weg zum Haus
deines Herrn Wasser aus mir heraus. Du musst so schwer arbeiten und bekommst
wegen mir nicht einmal den vollen Lohn für deine Mühe", erwiderte der Eimer.
Dem Wasserträger tat der alte, geborstene Eimer Leid, und mitfühlend sagte er:
"Wenn wir gleich nach Hause gehen, möchte ich, dass du dir die schönen Blumen
am Weg anschaust." Während sie bergauf stiegen, bemerkte der kaputte Eimer,
wie die Sonne auf schöne, wild wachsende Blumen am Wegesrand schien. Das
stimmte ihn ein bisschen fröhlicher. Zu Hause angekommen, wurde er aber wieder
traurig., weil er unterwegs die Hälfte seines Inhalts verloren hatte. Er
entschuldigte sich noch einmal bei dem Wasserträger dafür, dass er versagt
hatte. Doch der antwortete: "Hast du nicht bemerkt, dass nur auf deiner Seite
des Weges Blumen wachsen, nicht aber auf der Seite deines Kollegen? Ich kenne
ja deine defekte Stelle und habe sie genutzt, indem ich auf deine Seite des
Weges Blumen gesät habe. Tag für Tag auf dem Heimweg vom Fluss hast du diese
Blumen begossen. In den vergangenen zwei Jahren habe ich immer wieder
wunderschöne Blumensträuße gepflückt und damit den Tisch meines Herrn
verschönert. Wenn du nicht genau so wärst, wie du bist, hätte sein Haus
niemals so wunderbar ausgesehen."
aus Indien |
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